Informations- und Kommunikationstechnik

Prinzip der Kondensatormikrofone

Kondensatormikrofone sind akustoelektrische Wandler und funktionieren nach dem elektrostatischen Prinzip. Der Schallwandler entspricht einem Plattenkondensator. Die zum Schall gerichtete Platte ist eine rund 10 μm dünne eingespannte Membran. Sie besteht aus einer Metallfolie oder metallisierten Kunststofffolie. Im geringen Abstand von weniger als 50 μm dahinter ist die feststehende vielfach gelochte metallische Gegenelektrode angeordnet.

Nur ein elektrisch aufgeladener Kondensator kann die auftreffende Schallenergie in elektrische Energie umwandeln. Sein elektrostatisches Feld erhält er von der Tonader- oder Phantomspannungsversorgung, einer definierten Gleichspannungsquelle. An diese Phantomspannung ist er über einen mehrere Megaohm großen Widerstand angeschlossen. Der hohe Wert des Ladewiderstands verhindert während der Schallanregung einen Ladungsausgleich über die Spannungsquelle. Wird der Plattenabstand eines geladenen Kondensators verändert, nimmt proportional die Spannung am Kondensator andere Werte an. Im Kapitel über den Kondensator und seine Kapazität sind die mathematischen Zusammenhänge beschrieben.

Aufbau und Schaltung eines Kondensatormikrofons

Ein mit der Kondensatorkapsel verbundener elektrischer Wandler wertet die Spannungsänderungen aus. Gut geeignet sind Verstärker mit einem Feldeffekttransistor oder ein nicht invertierender Operationsverstärker. Diese Schaltungen sind spannungsgesteuert und belasten mit ihrem sehr großen Eingangswiderstand die eigentliche Signalquelle nicht. Sie verstärken die sehr geringen Spannungsänderungen der Kapsel und wirken zusätzlich als Impedanzwandler. Das so aufbereitete Mikrofonsignal kann an der mit rund 200 Ω niedrigen Ausgangsimpedanz direkt und verlustfrei an den Eingang eines Mischpults oder weiterer Verstärker angeschlossen werden.

Die dem Schalldruck ausgesetzte Kondensatormembran ist sehr dünn und hat eine geringe Masseträgheit. Kondensatormikrofone sind daher bis in hohe Frequenzbereiche sehr empfindlich und wandeln die Schallereignisse impulsgenau. Studiomikrofone sind hochwertig und teuer. Alle Kondensatormikrofone sind sehr empfindlich für äußere einwirkende mechanische Störgrößen jeder Art. Sie vertragen keine hohen Schalldrücke und sind windempfindlich, wozu auch der Atemluftstrom zählt.


Tonader- und Phantomspannungsversorgung

Kondensatormikrofone benötigen eine DC-Betriebsspannung. Sie erzeugt das elektrostatische Feld für die Kondensatorkapsel und versorgt die aktive Schaltung des Impedanzwandlers und Vorverstärkers. Beim Elektretmikrofon muss nur der Impedanzwandler mit Gleichspannung versorgt werden. Die Spannungszuführung kann über die Mikrofonleitung erfolgen.

Tonader-Speisung

Bei der Tonaderspeisung, auch als T 12 bekannt, wird eine konstante 12 V Gleichspannung über die Tonadern zugeführt. Ist das Kondensatormikrofon mit internen DC-DC-Wandlern dafür ausgelegt, wird damit auch die Ladespannung der Kondensatorkapsel erzeugt. Die beiden Tonadern führen unterschiedliches Potenzial. Das Mikrofonsignal ist mit einer Gleichspannung überlagert und somit eine Mischspannung.

An eine aktivierte Tonaderspeisung darf kein dynamisches Mikrofon angeschlossen werden.

Bei der Phantomspeisung, als P 48 bezeichnet, werden konstante 48 V Gleichspannung symmetrisch zu den Tonadern zugeführt. Sie sorgt für die statische Kondensatorladung und stellt die Betriebsspannung für den internen Impedanzwandler bereit. Beide Signalleitungen haben auf Masse bezogen gleiches Potenzial, daher die Bezeichnung Phantomspannung. Das Mikrofonsignal ist eine reine Wechselspannung.

Phantom-Speisung

An eine aktivierte Phantomspeisung kann gefahrlos ein dynamisches Mikrofon angeschlossen werden. Zwischen den Signalleitungen besteht keine Potenzialdifferenz, somit kann durch eine Mikrofonspule kein Gleichstrom fließen. Die Membran kann unbehindert schwingen und ohne Gleichstrom wird in der Spule auch keine Wärmeleistung umgesetzt.


Elektretmikrofon

Bei dem anfangs beschriebenen Kondensatormikrofon befand sich das Dielektrikum Luft zwischen den Elektrodenplatten. Die relative Permittivität oder Dielektrizitätszahl εr für Luft ist 1. Andere Isoliermaterialien mit εr ≥1 beeinflussen die Kapazität des Kondensators, die bei einem Plattenkondensator wie folgt berechnet wird: \[C = {\varepsilon _o}\,{\varepsilon _r}\frac{A}{d}\quad \quad {\varepsilon _o} \approx 8,85 \cdot {10^{ - 12}}\;\frac{{A\,s}}{{V\,m}} = \frac{F}{m}\]

Ist das Dielektrikum ein Elektretwerkstoff, so kommt es durch Influenz, einer Ladungstrennung auf den Kondensatorplatten, zur gegenpoligen Aufladung des Kondensators. Ein Elektretkondensator benötigt keine Phantomspannung. Der im Mikrofon notwendige Verstärker zur Anpassung der Impedanzen kommt mit einer einfachen Batterie aus.

Elektretmikrofone sind seit über 45 Jahren im Einsatz. Pioniere dieser Mikrofontechnologie waren Prof. Dr. Gerhard M. Sessler und sein Partner Jim West in den Bell Laboratorien. In der Anfangszeit waren Elektretmikrofone verglichen mit 'normalen oder echten' Kondensatormikrofonen qualitativ minderwertiger. Die ersten Elektretfolien konnten die erforderliche homogene Ladungsverteilung auf dem Kondensator nicht gewährleisten und nach einigen Jahren ging die Ladung verloren. Diese Nachteile gibt es nicht mehr, dennoch ließ sich der schlechte Ruf nicht völlig abbauen. Namhafte Hersteller führen Elektretmikrofone daher eher unter der Bezeichnung dauerpolarisierte Kondensatormikrofone.

Die Kondensatorkapsel besteht aus einer 10 ... 25 µm dünnen Elektretmembran. Sie ist zur Schallseite hin metallisiert. Die Gegenelektrode ist wie beim Kondensatormikrofon massiv und durchlöchert. Damit die Membran schwingen kann, befindet sich zwischen beiden Elektroden ein schmaler Luftspalt. Das Elektret erzeugt mit seiner Polarität durch Influenz Flächenladungen auf der Metallisierung und der Gegenelektrode. Es sollte so orientiert sein, dass die positive Polarisation zur Innenelektrode und die negative Polarisation zur Metallisierung weist. Der Kondensator hat dadurch sein statisches E-Feld und zwischen der Metallisierung und Gegenelektrode ist eine positive Spannung messbar.

Elektretkapsel stilisiert

Dem Schalldruck folgend schwingt die Elektretmembran und verändert den Elektrodenabstand des Kondensators. Die Kapazität des Kondensators ist umgekehrt proportional zur Abstandsänderung. Da die Influenzladung konstant bleibt, ändert sich wegen \(Q = C \cdot U\) die Spannung über dem Kondensator umgekehrt proportional zur Kapazität. Der Schalldruck wird in Spannungsänderungen umgewandelt.

Verglichen mit einem Kondensatormikrofon ist beim Elektretmikrofon die Mikrofonmembran etwas dicker und träger und der Abstand zur Gegenelektrode größer. Beide Faktoren verringern die Empfindlichkeit des Elektretmikrofons. Der Elektret kann auch mit der Gegenelektrode verbunden sein. Die metallisierte Membran ist dann wesentlich dünner und für den Schall ebenso empfindlich wie beim Kondensatormikrofon. Beim Backplate-Elektretmikrofon sind Schalldruck und Sprechstrom mit 0° in gleicher Phasenlage oder 'inphase'. Ist die Elektretfolie gleichzeitig Membran, so sind beide Größen gegenphasig oder 'out of phase'.

Elektret-Werkstoffe

Verfügt die Kondensatorkapsel über ein polarisiertes Dielektrikum, dem Elektret, kann auf die Phantomspannung verzichtet werden. Die dauerhafte Ladung des Elektrets erzeugt durch Influenz eine ihr entgegengesetzte Aufladung der Kondensatorplatten. Der Elektret verursacht das statische elektrische Feld des Kondensators und kommt so einer integrierten Spannungsversorgung gleich.

Der (das) Elektret ist ein Isolator, dessen Moleküle über permanente Dipoleigenschaften verfügen. Im Material liegen die Dipole weitgehend ausgerichtet vor, sodass in ihrer Umgebung ist ein elektrisches Feld messbar ist. Die Eigenschaften wurden 1885 vom englischen Physiker O. Heaviside vorausgesagt. In Anlehnung an den schon bekannten Magneten prägte er wegen der elektrostatischen Materialeigenschaften den Begriff Elektret.

Untersuchungen von Dielektrika mit den Eigenschaften eines Elektrets begannen um 1920 in Japan. Die ersten Elektrete erhielt man beim Abkühlen von Schmelzmischungen aus Wachs, Karnaubawachs und Kolophonium im elektrostatischen Feld. In der Schmelze richten sich die Dipole nach dem äußeren Feld aus. Zusätzlich kommt es zur Ladungstrennung frei beweglicher Ladungsträger. Nach dem Abkühlen bleibt der aufgezwungene Zustand lange Zeit erhalten, da im Festkörper die freie Beweglichkeit der Moleküle weitgehend eingeschränkt ist. Werden diese Elektrete nicht durch eine metallische Schutzschicht umgeben, so nehmen ihre elektrostatischen Eigenschaften rasch ab, da die Oberflächenladungen durch eingefangene und angelagerte Ladungsträger aus der Umgebung neutralisiert werden.

Im Gegensatz zum Ferromagnetismus, der ausschließlich mit der Ausrichtung kleinster magnetischer Dipole in den Weiss-Bezirken erklärbar ist, kann die Polarisation in Elektreten mehrere Ursachen haben.

Dipol Polarisation

Viele organische Moleküle haben polare Eigenschaften, die durch bestimmte Substitutionsgruppen hervorgerufen werden. Im Werkstoff sind die Dipole normalerweise ungeordnet und statistisch verteilt. Die relative Bewegung der Moleküle geschieht bei erhöhter Temperatur und falls möglich besonders leicht in der Schmelze. In dieser Phase werden die Dipole durch ein von außen einwirkendes starkes elektrostatisches Feld neu geordnet und ausgerichtet. Die Abkühlung erfolgt im einwirkenden E-Feld. Bei Raumtemperatur ist die Beweglichkeit der Moleküle weitgehend eingeschränkt und die Ausrichtung der Dipole bleibt erhalten. Sie lässt sich nach der Abkühlphase weiter optimieren, indem das Material in Richtung der Dipolorientierung mechanisch gestreckt wird. Diese Verfahrensweise wird besonders zur Herstellung von Elektretfolien angewendet.

Grenzflächenpolarisation

Im molekularen Aufbau eines Materials finden sich normalerweise Störzonen, Verunreinigungen und kleinere Bezirke, die gegeneinander Grenzflächen ausbilden. Bei erhöhter Temperatur bewegen sich entlang dieser energetisch angeregten Bereiche bevorzugt Elektronen und Defektelektronen. Die unsymmetrische Ladungsverteilung erzeugt an den Grenzflächen zusätzliche Polarisationen. Beim Abkühlen bleiben diese Ladungsträger entlang der Störzonen fixiert.

Polarisation durch Raumladungsbereiche

Der größte Anteil freier Ladungsträger, die als Folge des inhomogenen Materials auftreten, wird vom äußeren elektrostatischen Feld in die entgegengesetzte Richtung gezogen. Bei der räumlichen Trennung bilden sich Raumladungszonen. Im abgekühlten Material reicht die Bewegungsenergie zur Rekombination nicht aus und das Material bleibt langfristig polarisiert.

Ladungsübertragung

Im elektrostatischen Feld können Ladungen auf die Oberfläche eines Dielektrikums übertragen werden, wenn die Feldstärke für einen Durchschlag der Isolation überschritten wird. Dieser Polarisationseffekt bleibt ohne E-Feld nicht lange erhalten, da die Ladungen abfließen oder sich gegenseitig neutralisieren.

Atomare Polarisation

Ein von außen einwirkendes elektrisches Feld bewirkt im Dielektrikum eine Verschiebung der Elektronenhüllen relativ zu den Atomkernen. Die Polarisation auf atomarer Ebene kann nicht dauerhaft fixiert werden. Sie neutralisiert sich mit Wegfall des äußeren statischen Felds.

Die ersten Dielektrika mit der Eigenschaft eines Elektrets waren nicht stabil. Ihre Polarisation nahm mit der Zeit ab. Inzwischen verfügt die Technik über eine Vielzahl organischer Polymerkunststoffe wie Polyäthylen, Polyurethan, Mylar oder fluorierte Kohlenwasserstoffe, bekannter als Teflon, die als dauerhafte Elektrete die Erwartungen erfüllen.