Informations- und Kommunikationstechnik

Keramikkondensatoren

Der Trägerwerkstoff und gleichzeitige Dielektrikum der Kondensatoren besteht aus Gemischen verschiedener gepresster Metalloxide. Auf den Außenflächen wird die Metallisierung aufgebrannt und mit den Anschlussdrähten verlötet. Kunstharze oder Lacke bilden einen Oberflächenschutz. Die bekanntesten Bauformen sind Scheiben-, Rohr-, Perl- und Durchführungskondensatoren. Farbpunkte bezeichnen zum einen die Art der Keramik und die Anschlussseite des Innenbelages. Die Keramikkondensatoren werden nach zwei Typen unterschieden.

Typ-1
Niedrige Dielektrizitätskonstante, die NDK-Kondensatoren.
Typ-2
Hohe Dielektrizitätskonstante, die HDK-Kondensatoren.

NDK-Keramikkondensator

Beim Typ-1 sind die Dielektrizitätszahlen, auch als Permittivitäten bezeichnet, mit 10 ... 200 nicht allzu hoch. Die Isolationswiderstandswerte sind mit (1010 ... 1012) Ω sehr hoch. Die Verlustfaktoren bei 1 MHz sind sehr klein und liegen bei tanδ = (3 ... 5)·10−4. Die Temperaturbeiwerte sind ebenfalls klein und zudem von der verwendeten Keramik abhängig. TKC = αc = (+100 ... 0 ... −1500)·10−6 /K. Diese Kondensatoren werden in der HF-Technik, in frequenzbestimmenden Schwingkreisen und Filtern verwendet. Die Kapazitätswerte liegen zwischen (0,5 ... 10) nF.

HDK-Keramikkondensator

Der Typ-2 hat Dielektrizitäts-/Permittivitätszahlen bis 10000. Der durchschnittliche Isolationswiderstand liegt bei (107 ... 1010) Ω. Der Verlustfaktor bei 1 MHz beträgt tanδ ≈ 2·10−2. Der Temperaturbeiwert liegt je nach Keramik bei αc ≈ 10−2 /K. Es werden Kondensatoren bis 100 nF hergestellt. Wie aus den Kennwerten zu erkennen ist, sind die elektrischen Werte im Vergleich zu den NDK-Kondensatoren etwas schlechter. Die HDK-Kondensatoren werden in der Siebung und Kopplung im HF-Bereich eingesetzt. Für frequenzbestimmende Schaltungen sind sie weniger gut geeignet.

Nach VDE-Bestimmungen sind NDK- und HDK-Kondensatoren in Starkstromanlagen nicht zulässig.

Der technische Fortschritt führte zu neuen Keramikkondensatoren, Kerkos genannt, die nunmehr sogar ein sehr viel höheres Kapazitäts- zu Volumenverhältnis als Tantal- oder Folienkondensatoren haben. Wichtige positive Eigenschaften sind ihre geringen elektrischen Verluste, die sich in einem vergleichbar niedrigen ESR-Wert zeigen, die fast vernachlässigbaren parasitären Induktivitätswerte (ESL) und sie sind ungepolt.

Die Dielektrika basieren auf Oxidkeramiken, die kein Siliziumdioxid SiO2 enthalten. Die Basiswerkstoffe sind Titandioxid TiO2, Aluminiumoxid Al2O3, Zirkonoxid, Bariumtitanat, Ferrite, oft mit diversen Zusatzstoffen, um die gewünschte Permittivität εr und das Temperaturverhalten einzustellen. Die Keramiken zeichnen sich durch eine sehr hohe elektrische Durchschlagsfestigkeit aus. Spezielle neue Keramiken haben εr-Werte von einigen 10000. Ein mehrschrittiger Fertigungsprozess ergibt am Ende sehr dünnen Schichtstärken. Beide Eigenschaften, ein geringer Elektrodenabstand und ein hohes εr führen zu großen Kapazitätswerten bei kleinen Bauformen. Die Keramikkondensatoren werden nach einem Vorschlag der Electronic Industry Association in drei EIA Klassen eingeteilt.

Das Klassensystem

Klasse-1

Sie umfasst NDK-Keramiken auf Basis von Titandioxid TiO2 und Titanatverbindungen. Es sind zumeist paraelektrische Materialien. Bei ihnen treten keine elektrischen Dipole auf oder sie werden im elektrischen Feld nicht parallel ausgerichtet orientiert. Die Permittivitäten sind mit εr < 500, meistens sogar mit εr < 100 relativ niedrig. Der Temperaturkoeffizient TKC ändert sich linear mit der Temperatur kann mit Keramikzusatzstoffen zwischen (−1500 ... 0 ... +100)·10−6/K eingestellt werden.

Titandioxid εr ≈ 120 TKC ≈ −800·10−6 / K
Kalziumtitanat εr ≈ 170 TKC ≈ −1600·10−6 / K
(MgZn)TiO3 εr ≈ 32 TKC ≈ +5·10−6 / K
Ba2Ti9O20 εr ≈ 40 TKC ≈ +2·10−6 / K
(ZrSn)TiO4 εr ≈ 37 TKC ≈ 0 / K

Die Keramikkondensatoren der Klasse-1 zeichnen sich durch eine hohe Langzeitkonstanz in ihren Parametern aus. Mit einem TKC = 0, NPO (negativ-positiv-zero) oder nahezu 0 werden sie bevorzugt in Oszillator-, Schwingkreis- und Filterschaltungen sowie als Koppelkondensatoren in HF-Kreisen eingesetzt. Kondensatoren mit sehr hohen Gütefaktoren und sehr kleinen ESR-Werten haben Elektroden aus Nickel oder Silber/Palladium-Legierungen und in der Außenkontaktierung eine Schichtfolge von Silber, Nickel und Zinn. Sie werden als Noble Metal Electrode Kerko bezeichnet. In einer geringeren Qualitätsstufe, mit der Bezeichnung Base Metal Electrode wird Nickel als Elektrodenmaterial und die Kontaktierung mit einer Schichtfolge aus Kupfer oder Nickel, Nickel und Zinn ausgeführt.

Klasse-2

Sie umfasst Kerkos mit HDK-Keramiken auf Basis von Bariumtitanat als BaTiO3 mit Zusatzstoffen aus Aluminium-Magnesium-Silikaten oder Al2O3. Vielfach sind es ferroelektrische Keramiken mit Dipolbereichen, die sich nach dem äußeren elektrischen Feld ausrichten. Die Dielektrizitätswerte sind mit εr = (500) 1000 ... 10000 (100000) deutlich höher. Die Polarisation der Ferroelektrika durchläuft eine Hystereseschleife und ist umkehrbar. Die ferroelektrischen Eigenschaften bewirken eine nicht lineare Temperaturabhängigkeit der Nennkapazität. Die Kapazitätswerte sind zudem auch von der Betriebsspannung abhängig.

Die Permittivität hat bei der Curie-Temperatur ihren Maximalwert, da dann keine polare Ausrichtung mehr möglich ist. Nach dem Abkühlen bilden sich reversibel die Domänen der Dipolbereiche neu. Oberhalb der Temperatur ist das TKC-Verhalten negativ. Für Bariumtitanat liegt der Curiepunkt um 120°C und kann durch Zusatzstoffe in Richtung zur 25°C Betriebstemperatur herabgesetzt werden. Mit steigender Wechselspannungsfeldstärke nimmt εr zu, mit zunehmender Gleichspannungsfeldstärke wird εr kleiner. Der Wert sinkt mit zunehmender Frequenz, da die Umorientierung der Dipole und Domänen im Keramikwerkstoff nicht mehr folgen kann.

Ferroelektrische Keramiken zeigen Mikrofonieeffekte. Kerkos der Klasse-2 können bei mechanischen Impulsen Spannungsspitzen erzeugen, die sich besonders in Messverstärkern störend auswirken. Die Verlustfaktoren sind mit DF = tanδ = (30 ... 300)·10−4 relativ hoch. Die Langzeitstabilität ihrer Nennkapazität ist wesentlich geringer als bei Kerkos der Klasse-1. Zusammen mit den Temperatur- und Spannungsabhängigkeiten eignen sich Klasse-2 Kerkos nicht zur Anwendung in Frequenz bestimmenden Schaltungen. Sie werden bei der Siebung, Pufferung und Entstörung eingesetzt.

Betriebscode der Keramiken

Die spezielle Zusammensetzung der Keramikwerkstoffe ist in den Datenblättern nicht zu finden, selten wird das Basismaterial genannt. Die Klassifizierung erfolgt durch einen Buchstaben-Zahlen-Code der Angaben zum Temperaturbereich und zur Kapazitätsabweichung macht. Die meist verwendeten Keramiken sind X7R, X7S, X8R, Z5U und Y5V, wobei Kerkos mit den beiden letzten Keramiken möglichst nur um 25°C eingesetzt werden sollten.

untere Grenztemperatur X: −55 °C Y: −30 °C Z: +10 °C
obere Grenztemperatur 4:   65 °C 5:   85 °C 6: 105 °C 7: 125 °C 8: 150 °C
Kapazitätstoleranz
ΔC/C im T-Bereich
P: ±10 % R: ±15 % S: ±22 % T: +22/−33 % U: +22/−56 % V: +22/−86 %

Klasse-3

Es handelt sich um Sperrschichtkondensatoren, die nach 1980 durch MLCC Vielschichtkondensatoren der Klasse-2 ersetzt werden konnten. Das Basismaterial der Klasse-3 Keramiken ist ferroelektrisches Barium-Strontium-Titanat, das nach dem Sinterprozess mit dreiwertigem Antimon dotiert und damit n-leitend wird. In weiteren Prozessschritten erhalten die Sinterkörner eine elektrisch isolierende Umhüllung, das eigentliche Dielektrikum. Zwischen den Korngrenzen bildeten sich extrem viele seriell und parallel geschaltete kleine Kapazitätsbereiche, die Außen als hohe Gesamtkapazität nutzbar wird. Die leitfähigen Keramiken erreichen mit εr ≤ 50000 sehr hohe Permittivitäten. Zu den Nachteilen dieser Kondensatoren zählt das ausgeprägte nicht lineare Verhalten hinsichtlich der Temperatur, Spannung und Frequenz.

Vielschicht-Keramik-Chipkondensatoren

Die Chipkondensatoren sind als SMD Bauteile derzeit am weitesten verbreitet. Der fertige Keramikkondensator besteht aus einem Stapel parallel geschalteter Keramikkondensatoren und wird als MLCC Multi Layer Ceramic Capacitor bezeichnet. Das auf eine sehr geringe Korngröße gemahlene paraelektrische Titandioxid oder das ferroelektrische Barium- oder Strontiumtitanat bilden beide mit entsprechenden Zusatzstoffen das keramische Ausgangspulver. Die erreichbaren Korngrößen liegen bei wenigen 10 nm.

Das Keramikpulver wird mit Bindematerial zur Paste vermischt und in einer Folienzieherei zur Keramikfolie verarbeitet. Die Metallisierung erfolgt durch ein kontrolliertes Siebdruckverfahren. Der Nennkapazität entsprechend werden die Folien gestapelt, gepresst und geschnitten. Die Stapelung erfolgt abwechselnd etwas versetzt, sodass die Metallisierungen kammartig von der Keramik getrennt ineinandergreifen.

Die folgenden Produktionsschritte entfernen thermisch den Binder und der endgültige Brennprozess bei Temperaturen über 1200°C sintert die Keramik zu einem monolithischen Block mit kristalliner Struktur. Die Stirnflächen werden metallisiert und verbinden die inneren Metallelektroden, wodurch eine Vielzahl parallel geschalteter Kondensatoren entsteht.

pronzipieller Aufbau MLCC-Kerko

Nach dem Jahr 2005 konnte die Schichtdicke der Keramik auf 0,5 μm verringert werden. Es ließen sich Kondensatoren mit bis zu 1400 Einzelschichten herstellen. Mit diesen Werten erhöhte sich das Kapazitäts-/Volumenverhältnis auf 100 μF bei Chipabmessungen Länge x Breite mit 3,2 x 2,5 mm, geeignet bis 6,3 V. Die Chiphöhe wird selten angegeben und bleibt meist kleiner als die Breite. Kondensatoren für höhere Betriebsspannung haben bei gleicher Chipgröße niedrigere Kapazitätswerte, da die Durchschlagsfestigkeit nur durch dickere Keramikschichten erreicht wird.

MLCC-Kapazitätsberechnung

Die Beispielrechnung zeigt, dass bei der oben angegebenen Bauform ein 100 µF Kondensator realistisch ist. Die wirksame Fläche der Metallelektrode ist kleiner und wird mit 3 x 2 mm angenommen. Das Dielektrikum soll einen Wert von εr = 1000 haben. Es werden 1001 Einzelschichten mit einer Dicke von 0,5 μm angenommen.

Die MLCC-Chips werden in genormten Baugrößen hergestellt. Sie werden als EIA-Zahlencode in Zoll und einem metrischen IEC/EN-Zahlencode angegeben. Beim vier- und sechsziffrigen Code stehen die ersten 2(3) Ziffern für die Länge, die folgenden für die Breite. EIA-Code 1210 bedeutet 0,126 x 0,10 Zoll entspricht dem IEC/EN-Code 3225 mit 3,2 x 2,5 mm.

Vorteile der SMD MLCC Chipkondensatoren

Es lassen sich Keramiken mit sehr unterschiedlichen und auch sehr hohen Permittivitäten herstellen. Die Kondensatoren zeichnen sich somit durch ein sehr hohes Kapazitäts-/Volumenverhältnis aus. Die Klasse-1 Keramiken lassen sich mit positiven und negativen Temperaturkoeffizienten herstellen und weisen ein lineares Temperaturverhalten auf. In geeigneter Zusammenschaltung der Kondensatoren kann die Temperaturabhängigkeit kompensiert werden. Die kleinen Abmessungen und die interne Parallelschaltung bedingen sehr kleine ESR- und ESL-Werte und sehr hohe Gütefaktoren. Kerkos der Klasse-1 sind sehr alterungsbeständig. Klasse-2 Keramikkondensatoren im μF-Bereich sind ungepolt und alterungsbeständiger als die Aluminium- und Tantal-Elektrolytkondensatoren.

Nachteile der SMD MLCC Chipkondensatoren

Die Keramiken sind empfindlich hinsichtlich mechanischer Belastung einer bestückten Platine. Eine zu hohe thermische Belastung beim Löten kann zu inneren Rissen und Verschiebungen der Keramik mit Außen bemerkbarem Kurzschluss oder Unterbrechung führen. Klasse-2 Keramiken haben aufgrund ihres ferroelektrischen Verhaltens auch piezoelektrische Eigenschaften und können in mechanisch beeinflussten Schaltungen durch Mikrofonieeffekte störende Signalspannungen erzeugen. Die hohe Güte der Chip-Kondensatoren kann infolge zu geringer ohmscher Dämpfung mit parasitären Induktivitäten langer Leiterbahnen zu hochfrequenten Resonanzkreisen führen. Dieser Nachteil kann mit einem optimierten Schaltungslayout minimiert werden. Klasse-2 Kerkos sind im Vergleich zur Klasse-1 weniger alterungsbeständig und zudem ist ihre Nennkapazität nicht linear von der Spannung, Frequenz und Temperatur abhängig.