Informations- und Kommunikationstechnik

Frequenzweichen für Lautsprecherkombinationen

Der Audiohörbereich umfasst das Frequenzband von 20 Hz bis 20 kHz. Normale Audioverstärker können dieses Frequenzspektrum mit vollem Leistungsumfang und linearem Amplitudenverlauf unverzerrt an die angeschlossenen Lautsprecher abgeben. Ein Lautsprecher alleine, allgemein ein elektroakustischer Wandler, ist nicht in der Lage diese Bandbreite uneingeschränkt zu nutzen. Für eine optimale Klangwiedergabe sind mehrere Lautsprechersysteme mit speziell angepassten Frequenzweichen notwendig. Um ein Hochtonsystem nicht zu überlasten, darf es nicht die volle Leistung des Tieftonsystems erhalten. Ein Tieftonsystem kann hohe Frequenzen mechanisch nicht umsetzen, also sollten definierte Frequenzbänder zuvor ausgefiltert werden.

Die Frequenzweichen bestehen aus Hochpass-, Tiefpass- oder Bandpassfiltern, die für den verwendeten Lautsprechertyp angepasst sind. Die Filter sind zwischen Endverstärker und Lautsprecherchassis geschaltet und bestehen im einfachsten Fall aus passiven RLC-Netzwerkschaltungen. Normale RC- oder RL-Schaltungen für Hoch- und Tiefpässe haben den Nachteil, dass am Wirkwiderstand Leistungsverluste auftreten. Der Übergang in den Sperrbereich mit nur 6 dB/Oktave bietet zudem keine so gute Trennung. Reine LC-Schaltungen besitzen mit 12 db/Oktave die doppelte Steilheit. Schaltungstechnisch handelt es sich um Reihenschwingkreise, die ohne Kompensation als Lautsprecherweichen nicht geeignet sind. Im Übernahmebereich haben sie eine Resonanzstelle, die sich mithilfe der Thomsonschen Schwingungsgleichung berechnet werden kann. Diese Pässe lassen sich aber auf den zu verwendenden Lautsprechertyp speziell anpassen.

Der Videoclip zeigt den Einfluss der Anpassung auf den Frequenz- und Phasengang beim LC-Hochpass. Die Impedanz des Lautsprechers wird durch einen verstellbaren Lastwiderstand dargestellt. Die Einstellung ändert sich schrittweise. Mittels einblendbarer Controlleiste kann das Video gesteuert werden.

Gute Lautsprechersysteme zeichnen sich im Arbeitsbereich durch einen möglichst linearen Schalldruckpegel aus, der bis in den Überlappungsbereich der Filter hineinreicht. Auch bei den Frequenzgängen der Einzelsysteme sollten nur geringe Abweichungen messbar sein. Die Angaben der Schalldruckpegel müssen sich auf gleiche Messbedingungen beziehen. Hierzulande wird die Pegelmessung in 1 m Abstand vom Lautsprecherchassis durchgeführt. Die Kenndaten der in Fernost gefertigten Chassis beziehen sich oft auf 0,5 m. Das entspricht dem doppelten Schalldruck oder 6 dB mehr als bei einem Meter.

Die in der Lautsprecherbox eingebauten Chassis sollten vom Endverstärker her gesehen reelle und von der Frequenz unabhängige Lastwiderstände, Impedanzen sein. Je besser diese Bedingung erfüllt werden kann, desto weniger stören im Übertragungsbereich Betrags- und Phaseneinflüsse. Die Impedanz dynamischer Lautsprechersysteme wird mit höherer Frequenz größer. Das Chassis besitzt im Übertragungsbereich eine Eigenresonanz mit entsprechender Signalüberhöhung. Ohne zusätzliche Kompensation ist ein gleich bleibend reelles Lastverhalten nicht gegeben.

Passive LC-Filter

Filter 1. Ordnung

Das Zweiwegesystem mit Tiefton und Hochtonchassis als Filter 1. Ordnung wird auch Butterworth-Filter oder Überschneidungsnetzwerk genannt. Der Tieftonlautsprecher ist über eine vorgeschaltete Drosselspule und der Hochtöner über einen in Reihe liegenden Kondensator an den Verstärker angeschlossen. Die Spule setzt hohen Frequenzen einen großen Widerstand entgegen, sodass an den Tieftöner nur die niedrigeren Frequenzbereiche gelangen. Der Kondensator hält die tiefen Frequenzen vom Hochtöner fern und ist für den hohen Frequenzbereich niederohmig. Mit 6 dB/Oktave ist die Filterwirkung gering. Bei der Berechnung mit den Näherungsgleichungen sind die Impedanzen in Ohm und die Trennfrequenz in Hertz einzusetzen.

6dB-Weiche für Hoch- und Tieftöner

Filter 2. Ordnung

Mit Pässen und Filtern zweiter Ordnung verbessert sich die Dämpfung im Bereich der Trennfrequenz auf 12 dB/Okt. Bei der Übernahmefrequenz kommt es zum Phasensprung. Der LC-Tiefpass hat einen Phasenverlauf von 0° bis −180° und der LC-Hochpass von 180° bis 0°. Bei Grenzfrequenz ergibt sich somit ein Sprung zwischen ±90°.

12dB-Weiche mit Grenzfrequenzformeln

Eine handelsübliche Dreiwegeweiche

Der Hörbereich kann mit einer Dreiwegebox wesentlich besser aufgeteilt werden. Es sind zwei Trennfrequenzen festzulegen. Die folgende Schaltung entspricht einer handelsüblichen Dreiwegeweiche für Lautsprecherimpedanzen mit 8 Ohm. Ihr AC-Frequenzgang wurde sowohl im Laborversuch als auch mit einer Simulationsschaltung ermittelt. Neben den Induktivitäten waren die ohmschen Drahtwiderstände bekannt und konnten bei der Simulation berücksichtigt werden. So entspricht jede Spule einer Reihenschaltung aus ihrem idealen Blindwiderstand und dem ohmschen Widerstand des Kupferdrahtes.

kommerzielles 3-Wegesystem

Das Diagramm zeigt die AC-Frequenzanalyse im Bereich von 20 Hz bis 40 kHz für die Weiche mit 8 Ω- Widerständen als Ersatz für die Lautsprecher und zum Messen der Ausgangspegel. Dargestellt ist das Übertragungsverhalten in dB in Abhängigkeit zur Frequenz. Die Trennfrequenzen liegen bei 500 Hz und 3,4 kHz.

Amplituden-Frequenzgang eines 3-Wegesystems

In den Beispielen wurde die Lautsprecherimpedanz in guter Näherung immer als reeller Widerstand angenommen. Dieser Wert setzt sich aus dem Verlustwiderstand und dem Blindwiderstand der Schwingspule zusammen. Des Weiteren ist die Eigenresonanz des Lautsprecherchassis nicht zu vernachlässigen. Die Eigenschaften des Chassis sollten im Datenblatt des Herstellers als Amplituden-Frequenzdiagramm zu finden sein.

Wichtige Kenndaten zur Kompensationsberechnung sind die mechanische und elektrische Güte der Chassis. Ein optimales Übertragungsverhalten einer Mehrwegebox ist nicht nur vom Amplitudenfrequenz- und Phasengang (Bodediagramm) abhängig. Die Berechnung der Weichen sollte im betrachteten Frequenzbereich zu einem linearen Schalldruckpegel führen. Damit die Gruppenlaufzeiten sich nicht gegenseitig störend beeinflussen, kann es notwendig sein, Hochtonchassis auch gegenpolig anzuschließen. Tiefer gehende Informationen sind in einer reichhaltigen Spezialliteratur zu finden.

Filter 3. Ordnung

Zum Abschluss werden zwei Pässe mit einer Flankensteilheit von 18 dB/Oktave vorgestellt. Diese aufwendigen Netzwerke werden auch bei Lautsprecherboxen eingesetzt. Spezialliteratur bietet einfache Berechnungs- sowie diverse Näherungsgleichungen für Spulen- und Kondensatorwerte in den Filtern. In diesem Webprojekt werden dazu keine Herleitungen vorgestellt. Die Eigenschaften einer so berechneten 2-Wegebox zeigt das folgende Bodediagramm.

18dB-Weiche mit Standardgleichungen für L und C

Abschließende Bemerkungen

Die Filterspulen sind fast immer magnetkernlosen Luftspulen, denn nur sie verhalten sich verzerrungsarm. Ihre Drahtstärke muss für die zu übertragende Leistung bemessen sein. Für 50 Watt Systeme wird Kupfer-Lackdraht mit 0,5 mm, bei 100 Watt 0,85 mm, bei 150 Watt 1 mm und bei 200 Watt 1,1 mm Drahtdurchmesser gefordert.

Bei den Kondensatoren sollte auf eine hohe Güte und enge Toleranzwerte geachtet werden. Vielfach werden metallisierte Kunststoff-Folienkondensatoren mit hoher Durchschlagsfestigkeit bevorzugt. Für die teilweise großen Kapazitätswerte sind normale gepolte Elektrolyt-Kondensatoren ungeeignet. Hierzu gibt es spezielle bipolare Ton-Elkos.

Der professionelle Bereich verwendet eher aktive Lautsprechersysteme. Die Tief-, Mittel- und Hochtongruppen besitzen eigene Leistungsverstärker. Die Auftrennung in die Frequenzbereiche erfolgt zuvor im Kleinsignalbereich, wo Veränderungen wesentlich leichter und gezielter vorgenommen werden können.

Im Kapitel über passive elektrische Filter findet man weitere Informationen zu Filterschaltungen und speziell zu LC-Filtern und deren Eigenschaften.