Informations- und Kommunikationstechnik

Schutzmaßnahmen nach VDE

Der menschliche Organismus nimmt elektrischen Strom nicht direkt wie Licht oder Wärme wahr. Er verspürt nur die Auswirkungen, die gesundheitliche Schäden bis hin zum Tod einschließen können. Viele biologische Prozesse im Körper beruhen auf elektrochemischen Reaktionen. Die Wahrnehmung der Umwelt, die Reizweiterleitung in den Nerven, die Steuerung der Muskeln, Gehirnströme, Herzströme, überall sind Potenzialunterschiede und geringe elektrische Ströme beteiligt. Von außen auf den menschlichen Körper einwirkende Elektrizität mit oftmals viel höheren Spannungen und Strömen kann diese biologischen Prozesse empfindlich stören.

Besonders gefährlich sind Ströme, die den Körper unter Einbeziehung des Herzmuskels durchqueren. Die Synchronisierung des Herzrhythmus, die selbst stromgesteuert ist, kann aus dem Takt kommen. Die Herzfrequenz von 60 ... 80 Schlägen pro Minute wird bei einwirkendem Netzwechselstrom mit 50 Perioden pro Sekunde überlagert. Das kann Herzkammerflimmern auslösen, wodurch der Blutkreislauf zum Stillstand kommt. Längere Stromeinwirkungen führen auch zu Elektrolysevorgängen im Blut und Serum der Körperzellen. Die sich dabei bildenden giftigen Abbauprodukte können selbst Tage nach dem Stromunfall noch Spätfolgen auslösen.

Fließt elektrischer Strom durch den menschlichen Körper, kann dieser ersatzweise als Widerstand gesehen werden. Die Körperimpedanz ist nicht konstant, sondern von der Berührspannung und ihrer Frequenz abhängig. Je höher die Spannung, desto geringer ist der Körperwiderstand. Erst bei sehr hohen Frequenzen fließt der meiste Strom auf der Körperoberfläche ab und nur ein geringer Anteil durchquert ihn. Auch die Übergangskontakte des Körpers beim Stromeintritt und Austritt beeinflussen die Stromstärke. Nasse Haut und eine gut leitende Standfläche sind gefährlicher, verglichen mit trockener Haut und isoliertem Standort. Wird der Stromkreis zwischen Hand und Körper oder von Hand zu Hand geschlossen, dann bietet die Standortisolation keinen Schutz.

Impedanzwerte des Körpers
Die Impedanz trockener Haut liegt bei 1000 Ω und bei feuchter Haut um 100 Ω.
Über 100 Volt kommt es zum Durchschlag und der Hautwiderstand geht gegen 0 Ω.
Der innere Körperwiderstand beträgt im Normalfall 700 ... 1000 Ω, bei Extrembedingungen um 300 Ω.
Der durchschnittliche Körperwiderstand, die Impedanz beträgt um 1000 Ω.

Neben der Stromstärke, die als Körperstrom durch Körper und Herz geht, sind auch die Stromeinwirkzeiten für die Schäden verantwortlich. Die folgende Liste zeigt Auswirkungen für 50 Hz Wechselstrom verschiedener Stromstärken. Darüber hinausgehende Stromwerte bewirken zusätzlich thermische Gewebeschäden.

bis 0,5 mA
nicht spürbar oder leichtes Kribbeln.
0,5 ... 5 mA
deutliches Kribbeln bis Muskelverkrampfungen, Ursache meist selbst überwindbar.
5 ... 15 mA
schmerzhafte Verkrampfungen, die Loslassschwelle ist überschritten.
15 ... 25 mA
Behinderung der Atmung und des Kreislaufs verspürbar.
25 ... 50 mA
Atmungsbeschwerden, Herzrhythmusstörungen, Blutdruckanstieg.
>50 mA
Kammerflimmern, Herzstillstand bei einer Einwirkdauer über eine Herzperiode (≤1 s)
Strom/Zeit-Kurven

Die Grafik zeigt durchschnittliche Wirkungsbereiche für 50 Hz-Wechselstrom auf den menschlichen Organismus. Innerhalb des Bereichs (1) sind Stromeinwirkungen bis 0,5 mA über lange Zeit weitgehend ungefährlich. Für den Bereich (2) werden bis 10 mA und einer Zeit ≤ 1 s keine dauerhaften Gesundheitsschäden angenommen. Für höhere Körperströme verringert sich die als ungefährlich gewertete Einwirkdauer. Diese darf bei 50 mA maximal nur noch 200 ms betragen. Im Bereich (3) ist mit spürbaren Beeinträchtigungen auf den Körper zu rechnen. Der Bereich (4) gilt als tödlich.

Die Schaltkennlinien der RCD-Einrichtungen (residual current protective devices), bekannt als FI-(Fehlerstrom)-Schutzschalter, werden durch die hellgrünen Zonen dargestellt. Sie können einen sehr guten Schutz gegen einen tödlichen Stromschlag bieten. Die folgenden Grafiken veranschaulichen gebräuchliche Begriffe der Schutztechnik.

Leiterwiderstand RL
Bezeichnet den Drahtwiderstand der Anschlussleitungen, meist nur wenige Ohm.
Fehlerwiderstand RF
Der Isolationsfehler zwischen Strom führenden Leitern und dem leitfähigen Gehäuse.
Übergangswiderstand RÜ
Der Widerstand zwischen Gehäuse und der berührenden Person, beispielsweise durch Kleidung.
Körperwiderstand RK
Hautwiderstand und Körperinnenwiderstand der berührenden Person um 1 kΩ.
Standortwiderstand RSt
Isolationswiderstand der Person zur Erde, durch Schuhe oder Fußbodenbelag.
Anlagenerdwiderstand RA
Erdwiderstand der Installationsanlage, Fundamenterder, wenige Ohm.
Fehlergrößen
Fehlerspannung UF
Spannung gegen Erde bei Isolationsfehlern zwischen Leiter und Gehäuse angeschlossener Geräte.
Berührspannung UB
Die von der Person überbrückte Spannung zwischen Berührpunkt und Erdkontakt.
Körperstrom IK
Strom, der beim Überbrücken der Berührspannung durch den Körperwiderstand fließt.
Fehlerstrom IF
Strom, der infolge eines Isolationsfehlers und der resultierenden Fehlerspannung fließen kann.
Fehlergrößen
Kurzschluss
Eine niederohmige, direkte Verbindung zwischen zwei unter Spannung stehenden Leitungen.
Erdschluss
Eine niederohmige, direkte Verbindung von Spannung führenden Leitungen gegen Erde.
Leiterschluss
Teile oder der gesamte Verbraucherwiderstand sind im Fehlerfall überbrückt.
Körperschluss
Isolationsfehler Strom führender Anlagenteile zum elektrisch leitfähigen Gehäuse.

Schutzmaßnahmen

Die DIN VDE 0100 unterscheidet drei Schutzstufen:

Schutz gegen direktes Berühren – Basisschutz

Beim direkten Berühren verbinden Körperteile zwei Spannung führende Leitungen. Ist im Versorgernetz eine der Leitungen geerdet, so reicht auch der Kontakt mit einer weiteren nicht geerdeten Leitung. Abhängig vom Standortwiderstand kann der Körperstrom unterschiedlich hoch sein.

Basisschutz wird durch vollständige Isolierung, Abdeckung und dem Anbringen von Hindernissen, die ein Berühren unmöglich machen, erreicht. Zur Betriebsisolierung der Leitungen durch nicht leitende Umhüllungen können zusätzliche Basisisolierungen wie Isolierrohre, Leitungs- und Kabelummantelungen sowie Kabelkanäle verwendet werden. Lack- und Emaillebeschichtung, Eloxal und Faserstoffe sind als Basisschutz ungeeignet.

Schutz bei indirektem Berühren – Fehlerschutz

Indirektes Berühren liegt immer dann vor, wenn ein im Normalfall spannungsfreier elektrisch leitfähiger Teil einer Anlage im Fehlerfall eine Spannung gegen Erde führt. Durch Isolationsfehler ist an der Anlage ein Körperschluss entstanden, der zur Fehlerspannung führt. Die Berührspannung und der Körperstrom durch die berührende Person sind abhängig vom Standortwiderstand.

Der Fehlerschutz hat die Aufgabe gefährliche Berührspannungen abzuschalten oder zu verhindern. Mit einer korrekt installierten Erdung und einem Potenzialausgleich trennen Sicherungen und Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen, die RCD-Einrichtungen, eine fehlerhafte Anlage vom Versorgernetz. Im TN-System müssen alle Körper der angeschlossenen Anlagen durch Schutzleiter oder dem gemeinsamen PEN-Leiter mit dem Sternpunkt des Versorgernetzes leitend verbunden sein. Der Fehlerfall führt dann zum Kurzschluss und dem Auslösen der Sicherungen.

Schutzklasse I

Schutz gegen indirektes Berühren

Dieser Bereich gehört ebenfalls zur zweiten Schutzebene und umfasst die Schutzisolierung, Schutz- und Funktionskleinspannungen sowie Schutztrennung.

Schutzisolierung

Die Schutzisolierung ist eine zusätzliche, nicht leitende Isolierung, die vielfach aus Kunststoff besteht. Lack- und Eloxalüberzüge reichen nicht aus. Bei einer Vollisolierung bestehen die Anlagenkörper, deren Gehäuse, komplett aus nicht leitendem Material, meist Kunststoff. Sind Metallgehäuse notwendig, so erhalten sie eine Isolierumkleidung durch eine Kunststoffbeschichtung. Erlaubt ist auch eine Isolierauskleidung durch eine innere Kunststoffbeschichtung. Metallteile zwischen dem Innenraum und dem Äußeren, wie Achsenantriebe, werden durch isolierende Zwischenstücke nicht leitend montiert.

Schutzklasse II

Metallgehäuse dürfen nicht mit dem Schutzleiter verbunden sein. Ist im Anschlusskabel ein Schutzleiter vorhanden, so darf er nur am Stecker, nicht aber an der Anlage angeschlossen sein. Die Schutzisolierung wird als Schutzklasse II bezeichnet und hat das oben abgebildete Kennzeichen an den Geräten.

Schutzkleinspannung

Gültig für den Bereich 1 bei Signal-, Klingel- und Fernmeldeanlagen sowie Meldestromkreise. Die Schutzkleinspannungen werden zwischen Spannung führenden Leitern oder Leiter gegen Erde gemessen. Die Geräte gehören zur Schutzklasse III. Innerhalb der Einsatzbereiche entspricht die Betriebsspannung der maximal erlaubten Berührspannung.

Humanbereich  ≤ 20 V DC  ≤ 50 V AC
Tierhaltung  ≤ 60 V DC  ≤ 25 V AC
Kinderspielzeug U ≤ 25 V
Feuchträume U ≤ 12 V
medizinische Geräte U ≤ 6 V
Schutzklasse III

Schutztrennung

Die Schutztrennung erfolgt mit einem speziellen Trenntransformator, bei dem keine galvanische Verbindung zwischen dem Primär- und Sekundärstromkreis besteht. Auf der Primärseite sind Spannungen ≤1000 V AC und auf der Sekundärseite ≤400 V AC für den Außenleiter erlaubt. Trenntransformatoren müssen schutzisoliert sein. Bei einem Metallgehäuse müssen die Aus- und Eingänge gegeneinander isoliert sein. Die Leitungsimpedanzen der Sekundärseite müssen so hochohmig gegen Erde sein, dass selbst bei einem direkten Kurzschluss gegen Erde der Fehlerstrom 30 mA nicht übersteigt.

Trenntrafo

Im Normalfall wird nur jeweils ein Gerät am Trenntrafo betrieben. Es dürfen mehrere Betriebsmittel angeschlossen werden, wenn der räumliche Abstand zwischen den Geräten so groß ist, dass ein Berühren der Anlagen bei ausgestreckten Armen nicht möglich ist. Die Körper dieser Anlagen sollten zusätzlich mit einer eigenen Potenzialausgleichsleitung verbunden sein.

Ein Trenntrafo verhindert bei angeschlossenen fehlerhaften Geräten nur den Körperstrom gegen Erde.
Es besteht kein Schutz gegen Körperströme bei zweihändigem Berühren im Sekundärstromkreis.